Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz

Tarifliche Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

Promotionsprojekt von Arnold Arpaci

Titel: "Tarifliche Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten"

Redet man im deutschen Rechtskreis von Mitbestimmung denkt man meist entweder an die betriebliche Mitbestimmung durch Betriebsräte oder an die Unternehmensmitbestimmung durch Vertreter:innen der Belegschaft im Aufsichtsrat. Jedoch sieht man an zahlreichen Beispielen aus der Tarifpraxis, dass unternehmenspolitische Gegenstände im Tarifgeschehen eine bedeutende Rolle spielen. Diese Rolle könnte sich in Zukunft noch vergrößern, steht die Arbeitswelt durch zunehmende Automatisierung und Decarbonisierung doch vor großen transformativen Prozessen. Dass gerade im Kontext von solchen Transformationen künftige Arbeitsplatzsicherheit und (nachhaltige) unternehmenspolitische Entscheidungen nah zusammenhängen sollte schnell einleuchten. Wenn Gewerkschaften im Rahmen ihrer Tarifpolitik die Interessen ihrer Mitglieder in diesem Sinne wahrnehmen wollen, stehen sie jedoch vor einer großen Herausforderung. Vor dem Hintergrund einer uneinheitlichen und in Teilen widersprüchlichen Rechtsprechung droht ihre unternehmenspolitische Tarifforderung als rechtswidrig gewertet zu werden. Dies kann im schlimmsten Fall auf den gesamten Arbeitskampf ausstrahlen und zu kaum überblickbaren Schadenersatzforderungen für einen dann möglicherweise rechtswidrigen Streik führen.

Das Grundgesetz, welches sich hinsichtlich der Tarifautonomie sonst eher wortkarg gibt, sieht derweil im maßgeblichen Art. 9 Abs. 3 S. 1 ausdrücklich "Arbeits- und[!] Wirtschaftsbedingungen" als Betätigungsfeld für die Koalitionen vor. Auch aus der Entstehungsgeschichte, mit Blick auf die Weimarer Reichsverfassung, lassen sich Anhaltspunkte für eine Offenheit von tariflicher Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten finden. Der Kern der Auseinandersetzung findet sich somit auch schnell an anderer Stelle. Die Gretchenfrage ist, wie man es in dem Zusammenhang mit der unternehmerischen Freiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, bzw. dessen "Kernbereich" hält. Um hier eine (neue) Orientierung zu geben soll nicht nur verfassungsrechtlich und rechtshistorisch geforscht und argumentiert werden, sondern ausgehend von der aktuell diskutierten Neubewertung der Rechtsnatur des Tarifvertrags und dem Dogma der Einheit der Rechtsordnung eine umfassende Neubewertung stattfinden.

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